Zahme Küchentiger & zarte Wachteln aus Gstaad

VERSIERT IN KÜCHE UND HAUSHALT. In der Küche des «Clé de Berne» geht es ruhig zu und her. Die beiden Berner SVP-Politiker, Ständerat Werner Salzmann und Nationalratskandidat Hans Jörg Rüegsegger, stehen Rücken an Rücken und schneiden Gemüse. Wortlos und konzentriert. Selbst Martin Göschel, Executive Chef im «Alpina» in Gstaad (18 GaultMillau-Punkte, grosses Bild oben links), zeigt sich überrascht – nach dem Trubel an anderen Polit-Kochabenden. Ausgerechnet die Politiker jener Partei, die im Wahlkampf gerne auch mal laut wird, präsentieren sich als handzahme Küchentiger. «Wenn ich mit dem Messer hantiere, muss ich mich konzentrieren», bestätigt Salzmann. Doch in der Küche von Rüegseggers kann es schon mal «tschädere»: «Meine Frau lässt alles rumliegen und räumt erst am Schluss auf. Ich dagegen habe gerne Struktur, Ordnung, Sauberkeit.» So werden an diesem Kochabend gleich mehrere Rollenklischees über die SVP beerdigt. Beide Politiker betonen, dass sie kochen und haushalten können. «Als unsere Kinder noch zu Schule gegangen sind, haben meine Frau und ich stets abwechslungsweise Zmittag und Znacht gekocht, meistens einfache Menüs wie Spaghetti Bolognese und Salat. Und bei grossen Familienfesten stand immer ich in der Küche», sagt Salzmann. Er hat auf der Landwirtschaftsschule Rütti Kochen, Waschen, Bügeln und Betten gelernt. Ähnlich tönt es bei Landwirt Rüegsegger: «Als wir Mitte zwanzig schon vier Kinder hatten, machte meine Frau die Bäuerinnen-Prüfung. Ich habe zu den Kindern geschaut und gekocht. Darum habe ich schon ein paar Menüs im Repertoire.»

DAS MENÜ DES ABENDS? «Wir starten mit…» – Martin Göschel besinnt sich und fragt Werner Salzmann: «Was habt ihr vorbereitet?» Der SVP-Ständerat besteht die Prüfung: «Eine Gazpacho. Das habe ich daheim auch schon gemacht.» Göschel präzisiert: «Eine Tomaten-Pfirsich-Gazpacho mit Gemüse- und Tomaten-Crostini, dazu Sauerteigbrot mit Rohschinken.» Mit den Kochkünsten seiner beiden «Sous Chefs» ist er durchaus zufrieden: «Sie haben es gut gemacht, aber es gibt noch Luft nach oben.» Der Hauptgang – eine gefüllte Wachtel mit Kartoffelmousseline – ist Göschels alleiniges Werk. Dabei legt der Spitzenkoch grossen Wert darauf, saisonal und regional einzukaufen. Selbst die Wachteln kommen von der Wachtel-Farm von Anna und Jonas Bach in Grund bei Gstaad.

WACHTELN, WEIN, WAHLEN. Das sind an diesem Abend die grossen Themen. Gastgeber des Abends ist die Berner Weinhandlung Aprior von Roger Meyer, Lukas Uehlinger und Lorenz Furrer. Letzterer ist auch Gastgeber im «Clé de Berne» und Initiant der Polit-Kochabende. Nach dem Dessert (Dulce de leche mit Vanilleeis) lädt Aprior zur exklusiven Weindegustation. Doch Salzmann und Rüegsegger müssen sich vorher verabschieden. Einerseits weil sie mitten im Wahlkampf stehen, wobei Salzmann mit einer Wiederwahl als Ständerat rechnen darf und Rüegsegger auf der Berner SVP-Liste beste Aussichten hat. Andererseits, weil die beiden am nächsten Morgen um 5 Uhr wieder aufstehen müssen. Und dann gibt es doch noch ein Thema, wo es etwas lauter, etwas emotionaler wird: die Landwirtschaftspolitik. Thomas Sterchi setzt sich als Gründer der Bewegung Soil to Soul, Partner der Polit-Kochabende, für einen gesunden Boden und eine gesunde, genussvolle Ernährung ein. Er bezeichnet sich als Freund der Bauern. Und wehrt sich gegen Essensvorschriften und Fleischverbote: «It’s not the cow, it’s the how.» Solche Aussagen kommen bei Salzmann bestens an. Und Rüegsegger würde sich so die Konsumenten wünschen: «Bewusst einkaufen, bewusst ernähren, bewusst die Umwelt schonen, selber einen Beitrag leisten.»