Die Eselflüsterin und der Wildfleischesser

Martin Göschel (The Alpina, Gstaad) kocht mit Politikern. Diesmal von der Mitte. Es gibt Ribelmais-Poularde.

KOCHABEND MIT KOMPLIMENTEN. «Löru, wo steckst du?», ruft Sandra Stadler, 46. Die Nationalratskandidatin und Parteipräsidentin der Mitte Thurgau steht in der Küche im «Clé de Berne» und stampft Kartoffeln. Ihr Parteikollege, der Berner Nationalrat und Ständeratskandidat Lorenz Hess, 62, hat sich längst verdünnisiert: Statt in der Küche zu helfen, trinkt er lieber mit den Gästen im Restaurant ein Glas Neuenburger «Chardonnay 2021, Caves de Chambleau». Es ist ein Setting, das den ganzen Polit-Kochabend prägt. Hier die Hauswirtschaftslehrerin aus Güttingen TG, die als Köchin gewissenhaft und gekonnt hantiert und mit ihrem frohen Temperament gute Stimmung verbreitet. Da der PR-Berater und Gemeindepräsident von Stettlen BE, dessen Stärken mehr in der Kommunikation und in träfen Sprüchen denn in der Kochkunst liegen. «Ich kann nicht kochen», gibt er auch offen zu – Spass muss sein!

Bild: Lorenz Hess, Sandra Stadler

 

lorenz-hess_sandra-stadler-(2).jpg

BOOSTER FÜR DIE POLIT-KARRIERE. Amtierende und neukandidierende Politikerinnen und Politiker kochen im Wahljahr 2023 zusammen im «Clé de Berne». Schon beim letzten «Parlamentarier-Kochbuch» vor acht Jahren hat Lorenz Hess mitgewirkt. «Daraus ist eine glänzende Polit-Karriere geworden», hält Gastgeber Lorenz Furrer fest. Tatsächlich muss der Mitte-Nationalrat nicht um seine Wiederwahl bangen. Und ein Sitz im Stöckli? «Da ist es wie bei der Fussball-WM: Man muss zuerst die Gruppenphase überstehen», sagt Hess. Danach komme es drauf an, wer in den zweiten Wahlgang gehe. Die Absicht: Mitte, FDP und GLP einigen sich im Kanton Bern auf einen Kandidaten und rechnen sich so durchaus Chancen aus. Für Sandra Stadler dürfte es im Kanton Thurgau schwieriger werden. Christian Lohr hält den einzigen Mitte-Sitz inne und tritt wieder an. «Aber ich will mich für 2027 in Position bringen», zeigt sich Stadler zuversichtlich. 

ZURÜCK IN DIE KÜCHE. Göschel setzt auf nachhaltige, regionale, saisonale Produkte: «Ich kaufe wenn möglich beim Bauer im Saanenland oder in der Schweiz. Und ich möchte unsere Gäste im Alpina mit auf diesen Weg nehmen. Aber es geht mir nicht darum, sie zu erziehen.» Eine ebenso pragmatische Philosophie verfolgt Soil to Soul, Partner vom «Parlamentarier-Kochbuch 3.0». «Unsere Bewegung, die in Portugal eine Farm mit rund 700 Hektaren bewirtschaftet, setzt sich für den Erhalt des Bodens, die regenerative Landwirtschaft und eine gesunde, genussvolle Ernährung ein», betont Co-Gründer Beat Arnold. Eine hohe Affinität zur Landwirtschaft hat auch Sandra Stadler. Sie wohnt mit ihrer Familie auf einem Obstbau-Forschungsbetrieb von Agroscope, ist stolz auf ihre Aprikosen-Kultur. Und hat zwei Esel, Pina und Pedro. Als «Eselflüsterin» und «Aprikosenbegeisterte» macht Stadler auch Wahlkampf im Thurgau. Und Lorenz Hess? Er ist ein passionierter Jäger. Und ein passionierter Fleischesser. «Wir verwerten alles selbst, und wir essen ganzjährig Wild», sagt Hess.
Im «Clé de Berne» steht inzwischen der Hauptgang an, die feine Ribelmais-Poularde. Sandra Stadler geht um Anrichten in die Küche, Lorenz Hess bleibt am Tisch sitzen und redet weiter – bis ihn der strenge Blick der Hauswirtschaftslehrerin ereilt.

Konfierte Ribelmais-Poularde

 

Konfierte_Ribelmais-Poularde-(1).jpg

 

 

Zutaten

3 Ribelmais-Poularden à 1 kg
4 Knoblauchzehen
2 Zitronen
4 Zweige Rosmarin
4 Zweige Thymian
1.5 L Olivenöl Extra Vergine
Fleur de sel
Pfeffer aus dem Valle Maggia

Zubereitung

  1. Die Ribelmais-Poularden in Brust und Keulen zerlegen. Bei den Schenkeln den Knochen herauslösen und nochmals halbieren. Die Brust in der Mitte durchtrennen und die Flügel wegschneiden. Überschüssige Knochen, Haut und Fett entfernen.
  2. Die Knoblauchzehen in Scheiben schneiden. Von der Zitrone mit einem Schäler den gelben Teil der Schale dünn abziehen.
  3. Den Backofen auf 140 Grad vorheizen.
  4. Den Boden eines Römertopfs oder eines ähnlichen Kochgefässes mit den Knoblauchzehen auslegen. Darauf die Pouletteile mit dem Rosmarin und der Zitronenschale schichten. Zum Schluss mit Olivenöl aufgiessen, dabei sollte das Poulet gut mit Öl bedeckt sein.
  5. Im vorgeheizten Ofen insgesamt 60 Minuten langsam garen lassen; nach 20 Minuten Garzeit die Ofentemperatur auf 80 Grad reduzieren. Anschliessend kann man das Poulet bei 50 Grad im Ofen noch bis zu 30 Minuten warmgehalten werden.
  6. Zum Servieren das Poulet in vorgewärmten tiefen Tellern anrichten und mit Fleur de Sel sowie frischem Valle-Maggia-Pfeffer bestreuen. Sofort servieren.

Als Beilage eignen sich gedünstete Karotten, geröstete Kartoffeln und nach Belieben einige Mini-Maiskolben.

TIPP
Das Öl kann später zum Braten wiederverwendet werden. Dazu das Öl durch ein feines Sieb abgiessen und für etwa 6 Stunden in den Kühlschrank stellen. In dieser Zeit geliert der Fleischsaft; so kann anschliessend das Öl von der Flüssigkeit getrennt werden. Die zurückgebliebene gelierte Flüssigkeit lässt sich tiefkühlen und für eine Sauce weiterverwenden.

Das Rezept eignet sich als Hauptgang für 6 Personen.